Die Vererbungslehre beruht auf einer genetischen Wissenschaft und man versteht darunter die Übertragung von elterlichen Eigenschaften auf die Nachkommenschaft. Es entsteht somit eine Neubildung aus elterlichen oder auch vorelterlichen Eigen- schaften bei der Folgegeneration.
Durch die Paarung kommt es zur Befruchtung, genauer bezeichnet zur Vereinigung von Samen- und Eizelle. Diese Samen- und Eizellen enthalten beide in ihren Zellkern die Träger der Erbanlagen, die Chromosomen. Die Anzahl der Chromosomen ist tierartgebunden unterschiedlich, sie treten paarweise auf und tragen in unendlicher Vielzahl die Erbanlagen in sich. Die in der Normalzelle paarweise vorhandenen Erb- anlagen werden durch eine Reduktionsteilung, auch Reifeteilung genannt, halbiert und durch die Verschmelzung von Eizelle und Samenzelle wieder verpaart. Hierbei ergeben sich fast unbegrenzt viele Kombinationsmöglichkeiten für die Nachkommen. Das hat zur Folge, dass Merkmale bei Geschwistern gleichen bzw. von einander ab- weichen. Dazu sagt man: Die Nachkommen variieren, sie stimmen im Erbbild und im äußerem Erscheinungsbild niemals voll überein. Dieses äußere Erscheinungsbild unserer Kaninchen oder auch der Erscheinungstyp wird mit Phänotyp bezeichnet. Der sichtbare Ausdruck des Körpers und seines Verhaltens werden im wesentlichen von den Erbanlagen der Eltern und von der Umwelt geformt.
Neben diesem Erscheinungsbild beinhaltet jedes Tier ein sogenanntes Erbbild, wel- ches mit Genotyp bezeichnet wird. Dieser Genotyp umfasst alle Erbanlagen der Vorfahren und man erkennt diese nur in ihrer Qualität an der Nachkommenschaft. Die Erbanlagen erstrecken sich nicht nur auf solche Merkmale wie die gesamte Ent- wicklung und das ausgeprägte Erscheinungsbild bei unseren Kaninchenrassen, son- dern sie enthalten auch verborgene Latente d.h. noch nicht erkennbare Erbinforma- tionen die eines Tages in Erscheinung treten können. Eine wesentliche Bedeutung kommt der Vererbung der Fellfarben zu. Diese spezielle genetische Wissenschaft hat in langjähriger Forschungsarbeit gültige Gesetze ermittelt, die uns in die Lage ver- setzen farbliche Erbformeln abzuhandeln und entsprechend der jeweiligen Rasse festzuschreiben.
Ausgehend vom farblichen Erbbild des wildgrauen Kaninchens werden mittels fünf großen bzw. fünf kleinen Buchstaben farbliche Unterschiede dargestellt bzw. farbli- che Dominanz und Rezessivität der entsprechenden Mutante nachgewiesen. An der Entstehung der Haarfärbung des Wildkaninchens sind die durch die bereits genann- ten fünf Buchstaben symbolisch dargestellten Erbfaktoren beteiligt. Die Erblehre be- zeichnet diese Faktoren symbolisch mit den Buchstaben A; B; C; D; und G. Diese Buchstaben sind doppelreihig mit Bruchstrich angeordnet, wobei über dem Bruch- strich stehende Buchstaben für die Mutter und unter dem Bruchstrich stehende Buchstaben für den Vater ererbte Faktoren bedeuten.
A ist der Grundfaktor für die Pigmentierung und wird immer dann geschrieben wenn überhaupt Farbstoff (Pigment) gebildet wird. B, C und D sind die eigentlichen Pigmentfaktoren, wovon jeder für die Produktion bestimmter Pigmente verantwortlich ist. G ist der Faktor der Wildfarbigkeit, er regelt die Verteilung dieser Pigmente an den verschiedenen Körperteilen (Zonenbildung) und im einzelnen Haar.
Verhält sich der mutierte Faktor gegenüber dem ursprünglichen Faktor des Wildtyps rezessiv, so wird das durch kleine Buchstaben zum Ausdruck gebracht. Durch die Erbsymbolberechnung erfolgt eine Darlegung des Erbganges nach Farbgebung, Wildfarbigkeit oder nicht, nach Reinerbig- bzw. Spalterbigkeit.
Diese Grundlagen der Vererbungslehre sollten in der Preisrichterausbildung zur For- derung und zum festen Bestandteil werden. Ganz besonders das Wissen um die Zu- sammenhänge in der Farbgenetik ist von großer Bedeutung bei der Bewertung farbi- ger Merkmale der einzelnen Rassen und deren Farbkombinationen. Beginnen sollte man dieses Fachgebiet mit dem Studium und der Erläuterung der Erbformel zur eigenen Rasse. von Alfons Födisch
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